Der Klang von Carbon: Musikinstrumente aus CFK

Carbon ist sehr vielseitig und auch für Musikinstrumente geeignet! Fragen über Klang, Herstellung und Verwendung von CFK Instrumenten werden hier beantwortet!
Autor:
Armin Rosenmaier
Veröffentlicht:
February 29, 2024

Potentiale des Instrumentenbaus durch die Herstellung von Resonanzkörpern aus Carbon Composites

Seit jeher dominiert Holz als Werkstoff für Resonanzkörper bei Saiteninstrumenten, wie Gitarren, Geigen, Klavieren und vielen anderen. Dies ist vor allem bedingt durch die akustischen aber sicher auch optischen Eigenschaften von Holz. Nun werden aber die Bestände an hochwertigen und gefragten Klanghölzern immer geringer und manche der Hölzer werden in Zukunft aus ökologischen Gründen nicht mehr gewonnen werden dürfen.

Die extrem langen Lagerzeiten bis ein solches Holz dann zu einem Instrument weiterverarbeitet werden kann, machen es in der heutigen Zeit zusätzlich schwieriger an Material für hochwertige Instrumente zu gelangen. Unter diesem Aspekt gewinnt die Suche nach einem Werkstoff, welcher Holz im Instrumentenbau sowohl in optischer Hinsicht, als auch in der Handhabung und dem Klang nahe kommt, an großer Bedeutung. An dieser Stelle rückt der Werkstoff Carbon bzw. carbonfaserverstärkter Kunststoff (CFK) immer mehr in den Fokus der Instrumentenbauer.

Einerseits gibt es deutliche Analogien zwischen den Materialstrukturen von Holz und CFK, andererseits ist bei beiden Materialien das handwerkliche Geschick des Instrumentenbauers entscheidend für die klangliche Qualität des Instruments.

Die Eigenschaften von Carbon Composites sprechen für sich. Ihr geringes Gewicht, ihre mechanischen Eigenschaften, die Witterungsunempfindlichkeit sowie ihr Schwingungsverhalten  und weitestgehende Ermüdungsfreiheit unter zyklischer Belastung sind nur einige der vielen Gründe, die den Werkstoff für den Einsatz in unterschiedlichsten Bereichen, wie der Luft- und Raumfahrt, dem Schiffsbau, dem Fahrzeugbau und natürlich dem Rennsport prädestinieren.

Eines ist klar: Carbon ist ein Synonym für Hochleistung und Performance

Deswegen ist der Werkstoff auch kaum noch aus Motorsport, Radrennsport oder von der Schipiste wegzudenken. Aber welche Bedeutung hat die Verwendung dieses Hochleistungsmaterials im Instrumentenbau? Mittlerweile findet man CFK-Instrumente, wie auch das passende Zubehör in verschiedensten Ausführungen und Qualitäten, von preiswerten Anfängerexemplaren bis hin zu Profiobjekten. Doch was sind die konkreten Vor- und Nachteile von Faserverbund-Instrumenten, und wie klingen diese Instrumente? Antworten auf diese Fragen erhalten Sie in diesem Beitrag.

Inhaltsverzeichnis:

  1. Die Vorteile von CFK-Instrumenten gegenüber Instrumenten aus Holz
  2. Die Herstellung einer Konzertharfe aus CFK Interview mit Eclipse-Gründerin und Harfenbaueren Andrea Pretzler

Die Vorteile von CFK-Instrumenten gegenüber Instrumenten aus Holz

Obwohl Holz nach wie vor der primär verwendete Werkstoff für den Bau von Saiteninstrumenten jeder Art ist, ist anzumerken, dass dieses Material neben all seinen unbestrittenen Vorzügen auch nachteilige Eigenschaften aufweist. Schwankende Temperaturen, wechselnde, insbesondere geringe Luftfeuchtigkeit und die nur bedingt reproduzierbaren Klangeigenschaften, sowie das hohe Gewicht bei größeren Instrumenten zeigen deutlich auf, wo die Nachteile von Holz liegen.

Mit dem Wissen, dass Musikinstrumente im Laufe der Jahrhunderte auch immer widerspiegelten, welche technischen Möglichkeiten verfügbar waren, ist die Überlegung Carbonfasern im Instrumentenbau einzusetzen naheliegend. Hinzu kommt, dass sowohl im klassischen Instrumentenbau als auch in der Verarbeitung von Faserverbund die Handarbeit den Hauptanteil des Fertigungsprozesses ausmacht. Handwerkliches Geschick und ein gutes Gespür für das zu verarbeitende Material entscheiden demnach sowohl bei Holz, als auch bei CFK über Erfolg oder Misserfolg im Instrumentenbau. Bedingt durch die Tatsache, dass das Carbon-Instrument nicht in Konkurrenz zu einem industriell gefertigten Produkt steht, sind hier auch die Kosten noch vergleichbar und konkurrenzfähig.

Folgende Listung zeigt die wesentlichen Vorzüge von CFK, wenn es um den Bau hochqualitativer Zupf- oder Streichinstrumente geht:

  • Carbon besitzt eine hohe Steifigkeit und Schwingfestigkeit
  • Carbon ist mechanisch stark belastbar (dauerfest und ermüdungsfrei!)
  • Carbon weist eine äußerst geringe Wärmeausdehnung auf
  • Carbon ist korrosions- und säurebeständig
  • Carbon zeichnet sich durch das geringe Gewicht der Bauteile aus
  • Carbon ist witterungsunempfindlich (hohe Luftfeuchtigkeit, schwankende Temperaturen, ...)
  • Carbon lässt sich durch seine definierten Gewebe- und Gelegeaufbauten prozessstabiler verarbeiten als Holz

Gerade Profimusiker sind darauf angewiesen ein Instrument zur Verfügung zu haben, auf dessen Klang sich der Künstler auch bei ungünstigen Raumbedingungen (zu hohe oder zu geringe Temperaturen, Luftfeuchtigkeit, Temperaturwechsel) verlassen kann. Hier ist Carbon, bedingt durch seine speziellen Eigenschaften, eindeutig überlegen, da ihm nicht einmal Scheinwerferlicht noch Nebelmaschinen etwas anhaben können.

Dennoch - der Klang eines Carboninstrumentes unterscheidet sich von dem eines Holzinstrumentes (wobei angemerkt werden muss: nicht jedes Holzinstrument klingt gleich). Generell ist zu sagen, dass CFK-Instrumente in der Regel stärker und lauter klingen. Ob einem dieser Klang gefällt oder nicht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Wie so oft in der Kunst oder der Musik liegt die Schönheit letztendlich im Auge bzw. im Ohr des Betrachters.

Die Herstellung einer Konzertharfe aus CFK

Bereits einige Unternehmen produzieren Instrumente aus Carbon. Aktuell wird das Material großteils zur Herstellung von Violinen oder Gitarren eingesetzt. Der ungünstige Einfluss von Luftfeuchtigkeit und Temperatur auf Holz, stellt jedoch auch im Alltag von Harfenistinnen und Harfenisten oftmals ein großes Problem dar. Hier kommt zusätzlich auch noch die hohe statische Belastung von rund 7000N aufwärts bei Einfachpedalharfen hinzu.

Andrea Pretzler, eine auf Faserverbund spezialisierte Konstrukteurin konnte bei der Entwicklung ihrer Carbonharfe sowohl auf das große Fachwissen und musikalische Gespür von Otto Zangerle, als auch auf die Expertise der carbon-solutions Hintsteiner GmbH zurückgreifen. Die besonderen Eigenschaften von CFK trugen dazu bei, das Instrument innovativ zu verbessern. Die Robustheit und Leichtigkeit (rund 40% Gewichteinsparung) des Instruments vereinfachen den Transport enorm.

Des Weiteren haben Temperaturunterschiede an unterschiedlichen Auftrittsorten keinerlei Einfluss auf das Instrument und dessen Klang. Bedingt durch das Material und die Konstruktion wird der Klang der Harfe so von der Saite in den Korpus bzw. vom Korpus in den Raum übertragen, sodass ein geringerer Kraftaufwand für die Harfenistin oder den Harfenisten notwendig ist. All diese Eigenschaften ermöglichen eine höhere Qualität der Musik. Zudem ist es dem Musiker durch all diese Vorteile möglich eine größere Palette an Konzertveranstaltungen zu spielen.

Mittlerweile hat sich Andrea Pretzler mit ihrer Harfenproduktion selbstständig gemacht und das Unternehmen Eclipse gegründet. Im folgenden Interview hat sich die Expertin Zeit genommen, um mit uns, sowohl über ihre persönlichen und unternehmerischen Motive in Hinsicht auf die Harfenproduktion, als auch über die Vorteile und Potentiale des Materials Carbon, zu sprechen.    

Interview mit Eclipse-Gründerin und Harfenbauerin Andrea Pretzler

Was war Ihre Motivation zur Herstellung einer Harfe aus Carbon?

„Ich hatte ja zu dem Zeitpunkt, als ich mit den ersten Skizzen der Harfe begonnen habe, schon etliche Jahre in der Formel 1 und im Motorrad-Rennsport gearbeitet. Für mich war also Carbon der Werkstoff, mit dem ich tagtäglich zu tun hatte und der mir dadurch auch am vertrautesten war. Nun ist es ja so, dass historisch gesehen Musikinstrumente oftmals auch das technisch Mögliche ihrer Zeit wiederspiegelten, der technische Stand bei Harfen aber nach wie vor der von vor rund 200 Jahren ist. Wenn man dann noch die hohen Spannungen und die komplexe Mechanik von Harfen bedenkt, hat sich die Harfe natürlich als eine extrem spannende Herausforderung angeboten. Und zu guter Letzt – Für mich ist die Harfe ein absolut faszinierendes Musikinstrument!"

Was waren die großen Herausforderungen bei der Entwicklung und Herstellung der Harfe?

„Da gab es mehrere große Herausforderungen. Zum einen hatte ich, als ich die ersten Teile baute keine Ahnung, ob der Klang dem entsprechen würde, was ich mir erhofft hatte und es hat sich gezeigt, dass sich auch bei der Carbonharfe der Klang gerade in den ersten Wochen nach dem Aufsaiten sehr stark entwickelt und es war nicht vorhersehbar, ob die Entwicklung positiv oder negativ sein würde."

„Zum anderen hatte ich im Rennsport vorwiegend mit technischen Bauteilen zu tun, bei denen primär die Funktion eine Rolle spielte. Es war für mich daher eine völlig neue Erfahrung, dass hier meine Arbeit plötzlich auch auf einer subjektiven, emotionalen Ebene beurteilt werden würde."

Worin sehen Sie die wesentlichen Vorteile einer Harfe aus Carbon im Gegensatz zu herkömmlichen Harfen?

„Objektive Vorteile sind sicher das wesentlich geringere Gewicht, die Robustheit und die Unempfindlichkeit auf Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit. Klanglich und optisch unterscheidet sich die Carbonharfe natürlich von konventionellen Holzinstrumenten, allerdings ist es hier die subjektive Einschätzung der Harfenistin/des Harfenisten, ob das einen Vor- oder Nachteil ist."

Wie schätzen Sie das zukünftige Potential von Carbon im Instrumentenbau ein?

„Musikinstrumente sind nicht als, für unsere Zeit typische, Wegwerfprodukte konzipiert. Gerade im Instrumentenbau, wo Langlebigkeit ein Vorteil ist, sehe ich großes Potential für den Werkstoff Carbon. Bei anderen Instrumenten wird Carbon auch mehr und mehr eingesetzt, um Holzarten, die nicht mehr unbedenklich gewonnen werden können zu ersetzen. Hier hat aus meiner Sicht dieser Werkstoff durchaus seine Berechtigung."

Was sind Ihre Ziele für die Zukunft in Hinsicht auf Ihre Harfenproduktion?

„Qualität nicht Quantität. Natürlich sind Carbonharfen, bedingt durch den Fertigungsprozess formgebunden. Dennoch ist zum Beispiel im Bereich der Oberflächengestaltung die Individualisierung möglich und ich sehe es auch als wünschenswert, Kunden in die Gestaltung miteinzubeziehen. Das bedingt zwar Wartezeiten, aber dafür hat man dann ein ‚maßgeschneidertes‘ Instrument."

Welche Innovationen sehen Sie in Zukunft in diesem Bereich?

„E-Harfen. Ich glaube, dass hier der Einsatz von Carbon neue Möglichkeiten eröffnen wird, Formen und technische Lösungen umzusetzen, die so bisher nicht möglich gewesen wären."