Carbon im Bootsbau - Geschichte, Einsatz und Potenziale

Seit knapp 100 Jahren steht Frauscher für Qualität im Bootsbau. In diesem Interview erklärt Frauscher wieso auf Carbonbauteile gesetzt wird!
Autor:
Armin Rosenmaier
Veröffentlicht:
February 29, 2024

Ein Bereich der für kontinuierliches Wachstum im Bedarf nach Composites steht, ist jener der maritimen Anwendungen. Bis 2023 soll dieses Wachstum jährlich 5,6% betragen. Dies geht aus der Studie „Marine Composites Market“ von „MarketsAndMarkets“ hervor. Die Treiber für diese Entwicklung sind die hervorragenden Eigenschaften von Faserverbundwerkstoffen. Aktuell werden im Bootsbau hauptsächlich Verbundwerkstoffe auf Glasfaserbasis verwendet, jedoch werden auch schon vermehrt carbonfaserverstärkte Kunststoffe, kurz CFK, eingesetzt.

Wie sich de Bootsbau aus Materialsicht über die Jahre hinweg entwickelt hat, welche Rolle der Einsatz von CFK im Bootsbau spielt und wie das Zukunftspotential dieses Materials im maritimen Bereich aussieht, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Inhaltsverzeichnis

1. Die Geschichte der Verbundswerkstoffe im Bootsbau

2. Der Einsatz von CFK im Bootsbau

3. Potentiale durch Einsatz von CFK im Bootsbau

4. Fazit

Die Geschichte der Verbundwerkstoffe im Bootsbau

Der Einsatz von CFK im BootsbauPotentiale durch den Einsatz von CFK im BootsbauFazitDie Geschichte der Verbundwerkstoffe im BootsbauDer Verbundwerkstoff, welcher wahrscheinlich am frühesten Anwendung im Bootsbau gefunden hat, war Ferrozement. Dieser wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in großem Umfang für den Bau kostengünstiger Low-Tech-Binnenschiffe verwendet.

Später im Jahrhundert erlangte das Material auch im Serienbootsbau zunehmend an Beliebtheit.  Die Grundstruktur beim Bau von Booten mit Ferrozement bildete ein Stahlrahmen mit Verstärkungsstäben in der Form des Rumpfes. Diese Konstruktion wurde mit einem Drahtgeflecht überzogen und in weiterer Folge mit Zement verputzt und ausgehärtet. Ein häufig auftretendes Problem bei dieser Bauweise war die Anfälligkeit auf Korrosion, welche auf die chemisch aggressive Meeresumgebung zurückzuführen war.

Während des zweiten Weltkrieges, kurz nach der Entwicklung von Polyesterharzen, wurden Glasfasern für industrielle Zwecke verfügbar. Dadurch setzten sich glasfaserverstärkte Kunststoffe bald im Bootsbau durch, sodass bereits Anfang der 1950er-Jahre erste GFK-Boote auf den Markt gebracht wurden. Der Kriegsdruck führte zudem zur Entwicklung von weiteren Bootsbautechniken. Bei diesen Ansätzen wurden dünne Holzfurniere über einen Rahmen gelegt und Schicht für Schicht mit Klebstoff getränkt. Einige Klebstoffe mussten zum Aushärten in einem Ofen gebrannt werden. Die Aushärtung in solchen Öfen brachte zugleich aber auch Einschränkungen mit sich, weil jene Heizapparate in ihrer Größe beschränkt waren.

Der Einsatz von CFK im Bootsbau

Seit den 1950er-Jahren haben sich glasfaserverstärkte Kunststoffe kontinuierlich verbessert und entwickelten sich so zu dem am weitesten verbreiteten Verbundwerkstoff im Bootsbau.  

Weiters haben sich auch die Holz/Klebstoff-Verbunde aufgrund der Einführung von Hochleistungsepoxiden weiterentwickelt. Große Anwendung finden solche Materiallösungen beispielsweise im Hausbootbau.

Vermehrt gewinnen aber verhältnismäßig neue Verbundwerkstoffe, wie Aramid- oder Carbonfaserverbunde an Bedeutung. Speziell in Anwendungsbereichen bei welchen große Ansprüche an hohe Festigkeit, geringes Gewicht sowie an optisch und haptisch anspruchsvolles Design herrschen. Beispiele dafür wären Luxus-Yachten, aber auch Highspeed- & Rennsportboote. Vor allem im Bereich des Motor- und Segelsports ist CFK bereits seit geraumer Zeit ein Thema. Vom Rumpf bis zum Masten bestehen solche Hochleistungsboote nahezu gesamtheitlich aus Carbon. Bei Yachten hingegen wird insbesondere bei Komponenten wie Flaggenmasten, Luken, Verkleidungen, Abdeckungen und Sonnendächern auf den leichten und hochfesten Werkstoff CFK zurückgegriffen.

Abbildung 1: Auf dieser Abbildung ist das T-Top aus Cabon ersichtlich.

Zunehmend werden sich Bootswerften den Vorteilen von CFK gegenüber GFK bewusst und beziehen den Werkstoff daher vermehrt in ihre Entwicklungstätigkeit ein. Daraus ergeben sich vollkommen neue Designkonzepte. Demnach werden bei bestimmten Booten bereits gesamte Decksaufbauten und Rümpfe aus Carbon gefertigt. Der Grund dafür ist, dass bei gleicher Stabilität, im Vergleich zu anderen Werkstoffen, ein geringerer Materialeinsatz notwendig ist.

Dadurch können aufwendige Versteifungen in den Konstruktionen eingespart werden. Das Resultat daraus: weniger Gewicht und mehr Platz bzw. Raum. Eine Reduzierung des Gewichts im Deckaufbau gewährleistet wiederum eine Verschiebung des Bootschwerpunkts tiefer in den Rumpf, wodurch Dynamiken rund um die Längsachse des Wasserfahrzeugs besser ausgeglichen werden können. Zudem bringt die Gewichtsverringerung bei treibstoffbetriebenen Motorbooten eine verbesserte Effizienz in Hinsicht auf den Treibstoffverbrauch mit sich.

Auch die Hintsteiner Group konnte mit ihren innovativen Leichtbauteilen bereits den maritimen Markt bedienen.  In Zusammenarbeit mit dem ausgezeichneten Unternehmen Frauscher Bootswerft wurden etwaige Strukturkomponenten, wie auch Sonnendächer für Motoryachten entworfen, entwickelt und produziert. Im Konkreten handelt es sich dabei um das T-Top, wie auch die seitlichen Lufteinlässe an der Frauscher 1414 Demon und der Frauscher 1414 Demon Air.

Abbildung 2:

Zur Realisierung und Herstellung jener Strukturkomponenten wurde die Prepreg-Autoklaventechnik eingesetzt. Beim diesem Verfahren werden mit Reaktionsharzen vorimprägnierte textile Faser-Matrix-Halbzeuge (Prepregs) in einem verschließbaren Druckbehälter (Autoklav) unter Wärmeeinwirkung und Druck ausgehärtet. Dazu werden die Prepregs (pre-impregnated fibres) exakt zugeschnitten und in genau definierter Reihenfolge und Ausrichtung in eine zuvor hergestellte Werkzeugform manuell eingebracht. Anschließend härtet die in einem temperaturbeständigen Foliensack vakuumierte Form im Autoklaven aus und steht nach einer Abkühlungsphase zur weiteren Verarbeitung und Veredelung bereit.

Das Verfahren eignet sich besonders zur Herstellung von hochkomplexen Bauteilen mit hervorragenden mechanischen und thermischen Eigenschaften. Vorteile, welche die Prepreg-Autoklaventechnik mit sich bringt, sind in etwa die exakte Reproduzierbarkeit von komplexen Bauteilen, der hohe Fasergehalt im Werkstoffverbund sowie die optimale Qualität der produzierten Bauteile. Aufgrund dieser Vorzüge wird das Verfahren in verschiedensten Hochleistungsbranchen wie der Luftfahrt, dem Rennsport und eben auch dem Bootsbau eingesetzt.

Abbildung 3: Darstellung des Größenverhältnisses des T-Tops

Potentiale durch den Einsatz von CFK im Bootsbau

In einem Interview mit Mario Seyr von der Frauscher Bootswerft haben wir versucht zu hinterfragen, wie es um das zukünftige Potential von CFK im Bootsbau steht. Der Experte hat dazu eine klare Meinung:

Mario Seyr, Produktionsleiter der Frauscher Bootswerft, auf die Frage, wie er das zukünftige  Potential von Carbon im Bootsbau einschätzt: „Für Carbon im Bootsbau sehe ich ein großes Potential, denn Gewicht und Stabilität sind immerhin die Zukunft im Bootsbau.“ Die Frauscher 1414 Demon Air bringt bei knapp 14 Metern Länge ein Gewicht von rund 9.000 kg auf die Waage, wobei das T-Top aus dem innovativen Leichtbauwerkstoff lediglich 150 kg dazu beiträgt.

Zudem erwähnt er auch, dass neben den klaren Gewichts- und Stabilitätsvorzügen von CFK auch die ansprechende Optik, welche das Material bei gekonnter Verarbeitung mit sich bringt nicht vergessen werden darf. Durch die Ausführung von Yachtkomponenten in Sichtcarbon werden jene Funktionsbauteile gleichzeitig zu Designobjekten. Somit ist das dynamische Sonnendach mit Sicherheit auch eines der auffälligsten Merkmale der eleganten Frauscher Motoryacht.

Um erfolgreiche Projekte im Bootsbau gewährleisten zu können, muss man sich stets weiterentwickeln, meint Mario Seyr. „Mit dem Einsatz von CFK ist das daher sehr zeitgemäß“, so der Produktionsleiter der Bootswerft abschließend.

Abbildung 4:

Fazit

Der Einsatz von Verbundwerkstoffen im maritimen Bereich ist nichts Neues. Über die Jahre hinweg entwickelten sich verschiedenste Bootsbautechniken mit Hilfe von Verbundwerkstoffen, wie Ferrozement, Glasfaserverbunden oder Carbon. Der Studie von „MarketsAndMarkets“ zufolge wird der Bedarf nach modernen Materiallösungen durch Composites für Wasserfahrzeuge auch in den nächsten Jahren noch kontinuierlich wachsen. Aktuell finden glasfaserverstärkte Kunststoffe noch Hauptanwendung im Bootsbau, jedoch wird verhältnismäßig neuen Materiallösungen, wie etwa Carbon ein großes zukünftiges Potential im Bootsbau zugesprochen. Vor allem in jenen Bereichen, wo Gewichtseinsparung, Stabilitätserhöhung, wie auch optische und haptische Ästhetik ein große Rolle spielen.

Video