Inhaltsverzeichnis:
Der Vakuumguss ist eines der effizientesten und wirtschaftlichsten Verfahren zur Herstellung von Prototypen und Klein- bzw. Vorserien aus Kunststoff. In den 1960ern an der Universität Cottbus erfunden, entwickelte sich der Vakuumguss mit Silikonwerkzeugen schnell zu einem wesentlichen Bestandteil der Kunststofftechnik.
In diesem Beitrag beschreiben wir genau, wodurch sich der Vakuumguss auszeichnet, wie dieser konkret funktioniert und wofür er eingesetzt wird.
Vakuumguss ist ein Verfahren bei dem Silikonformen verwendet werden, um Teile aus PU (Polyurethan) herzustellen. Die am Markt für dieses Verfahren erhältlichen Materialien haben Eigenschaften ähnlich den Materialien, die später in der Serienfertigung verwendet werden. Oberflächenstruktur und Farbe können ident zur späteren Serie produziert werden. Verwendet wird das Vakuumgießen einerseits zur schnellen und wirtschaftlichen Fertigung von Prototypen als Anschauungs- und Funktionsmuster, andererseits aber auch, um niedrige Stückzahlen (Kleinserien, Vorserien) abzudecken, bei denen sich ein aufwendiges Werkzeug noch nicht rechnet.
Das Vakuumgießen ist eines der wirtschaftlichsten Verfahren, um hochwertige Kunststoffteile in geringen Stückzahlen herzustellen, die ähnliche Materialeigenschaften wie Serienteile haben (z.B. Temperaturbeständigkeit, Bruchdehnung, Oberfläche, Transparenz, ...). Somit eignen sich Vakuumgussteile beispielsweise hervorragend für Form- und Funktionsprüfungen während der Entwicklungsphase oder für Feldversuche und Marketingaktivitäten. Des Weiteren können mittels Vakuumguss auch Wachslinge z.B. für den Aluminiumfeinguss hergestellt werden.
Vakuumgussteile zeichnen sich zudem durch vergleichsweise schnelle Lieferzeiten aus. Demnach benötigt die Herstellung zwischen 24 h und 5 Werktagen, abhängig von Bauteilgröße, Stückzahl, Material und Ausführung der Oberfläche. Mit einem Silikonwerkzeug ist dabei, abhängig von der Komplexität der Geometrie und Entformbarkeit eines Bauteils, eine Standzeit von 15-30 Stück realisierbar.
Besonderes Augenmerk gilt der Materialwahl, schließlich sollte ein Prototyp bzw. ein Vorserienteil weitestgehend dieselben Materialeigenschaften aufweisen wie das endgültige Serienteil. Verschiedene PU Hersteller bieten dafür Kunststoffe an, die ähnliche Materialeigenschaften besitzen, wie jene von Spritzgussteilen.
Hinsichtlich der Genauigkeit und Maßhaltigkeit werden mit dem Vakuumguss in der Regel Allgemeintoleranzen nach DIN ISO 2768-1 fein bis mittel erreicht. Dabei sind Mindestwandstärken ab 0,75 mm realisierbar. Ideal eignen sich Wandstärken ab 1,5 mm. Die maximale Bauteilgröße ist dabei abhängig von der Vakuumgussanlage. Bei der Oberflächenbeschaffenheit kann von matt bis hochglänzend alles umgesetzt werden.
Die Herstellung eines Bauteils mit dem Vakuumgussverfahren geschieht anhand von fünf Schritten. Diese fünf Schritte werden in Folge näher beschrieben:
Hierzu eignen sich am besten Stereolithographiemodelle. Wichtig ist, dass das Finish des Urmodells sorgfältig ausgeführt wird und den Anforderungen des Gussmodells entspricht. Beim Urmodell können auch Metalleinsätze (z. Bsp. Stifte für Bohrungen) verwendet werden, um besonders sensible Details später genau abbilden zu können.
Das gefinishte Urmodell wird mit Kernen, Einsätzen, Angüssen und der Trennung auf einer Formbauplatte befestigt bzw. im Gießrahmen aufgehängt. Am Urmodell können zur Luftentweichung bereits Steigrohre befestigt werden oder nachträglich ins Silikon gestochen werden.
Das Silikon wird dann in die Form gefüllt. Diese wird anschließend in der Vakuumkammer entgast und im Ofen für 8–24 Stunden, abhängig von der Formgröße, ausgehärtet. Anschließend wird die Silikonform in mindestens zwei Hälften mittels Skalpell und Wellenschnitt getrennt. Der Wellenschnitt garantiert den passgenauen Zusammenbau der Formhälften für den Gießprozess.
Die Verarbeitungstemperatur der Materialien liegt in den meisten Fällen bei 40 Grad, deshalb werden die beiden PU-Komponenten (Isocyanat und Polyol) meist in einem Wärmeschrank gelagert. Zum Gießen werden A- und B-Komponente lt. Herstellerangaben in die Einwegeinsätze der Maschine gegeben und in die entsprechenden Halterungen geklemmt. Anschließend wird die vorbereitete Form (Trennhälften werden mit Klebeband verklebt, Trennmittel wird in die Kavität gesprüht) in die Vakuumkammer gegeben. Mindestens 60 Sekunden lang werden die beiden Polyurethan-Komponenten entgast. Dann wird das Material unter Vakuum mittels Trichter und Schlauch in das Silikonwerkzeug eingebracht. Sobald das Material in die Luftentweichungen steigt, kann die Maschine langsam geflutet werden.
Nach dem Gießvorgang wird das Formteil lt. Herstellerangaben in der Wärmekammer ausgehärtet. Sobald dieser Vorgang abgeschlossen ist, werden Angüsse und Klebebänder entfernt und das PU-Bauteil kann entformt werden.
Angussstellen, Steiger und Trennhäute werden verschliffen und das PU-Bauteil wird sandgestrahlt. Anschließend kann das Bauteil je nach Kundenwunsch weiter geschliffen und ggfs. lackiert oder beschichtet (z. Bsp. Wassertransferdruck) werden.
Das Vakuumgussverfahren ermöglicht eine schnelle und wirtschaftliche Herstellung von Kunststoffteilen. Mittels Vakuumgießen können Vor- und Kleinserien aus Materialien produziert werden, deren Eigenschaften dem Serienmaterial in nichts nachstehen. Auch die verschiedenen Möglichkeiten der Oberflächenbehandlung von PU-Gussteilen lassen fast keine Kundenwünsche unerfüllt. Limitiert wird der Nutzen des Verfahrens einzig mit der Ausbringung pro Werkzeug sowie den verfügbaren Materialien – zumeist sind diese beiden Aspekte in der Klein- und Vorserie ohnehin zu vernachlässigen.