Prepregs: Die Formel 1 der Faserverbundtechnik

Prepreg vs. Handlaminat: Welches Verfahren bei Prototypen und Kleinserien?
Autor:
Martin Hintsteiner
Veröffentlicht:
February 29, 2024

Prepregs haben den technologischen Fortschritt von Hochleistungskomponenten aus Faserverbundwerkstoffen über die letzten Jahrzehnte hinweg stark geprägt. Mittlerweile sind diese Materialien weit verbreitet und werden beispielsweise für die Herstellung von Bauteilen in der Luft- und Raumfahrt, dem Rennsport, der Bahnindustrie und dem Automotive- oder Marine-Sektor eingesetzt. Grund dafür sind sowohl die hervorragenden Eigenschaften als auch die einfache Verarbeitung von Prepregs.

Was Prepregs genau sind, wodurch sie sich auszeichnen und wie sie hergestellt und verarbeitet werden, beschreiben wir in diesem Beitrag!

Inhaltsverzeichnis:

1. Was sind Prepregs?

2. Warum werden Prepregs eingesetzt?

3. Wie werden Prepregs hergestellt?

4. Welche Prepregs gibt es?

5. Wie werden Prepregs verarbeitet?

6. Fazit

Was sind Prepregs?

Prepregs, kurz für preimpregnated fibers, sind textile Faserhalbzeuge, welche mit speziellen Reaktionsharzen vorimprägniert werden. Aus Prepregs können komplexe, mechanisch und thermisch hochbeanspruchbare Bauteile gefertigt werden. Je nach Anwendungsbereich können dafür unterschiedliche Faser-Matrix-Kombinationen in verschiedenen Gelege- oder Gewebearten zum Einsatz kommen. Die Möglichkeiten, welche dabei bestehen, werden später im Beitrag näher beschrieben.

Abbildung 1: Zuschnitt eines CFK-Gewebe-Prepregs

Warum werden Prepregs eingesetzt?

Ein wesentlicher Vorteil von Prepregs liegt im vergleichsweise hohen Faservolumengehalt, der mit ihnen erreicht werden kann. Dieser liegt dabei in etwa bei 60 %, wohingegen sich durch andere, herkömmlich eingesetzte Verfahren wie beispielsweise dem Nasslaminieren, lediglich 40% realisieren lassen. Dazu kommt, dass das Verhältnis von Fasermenge zu Harzmenge über die Fläche des Prepregs exakt definiert und verteilt ist.

Der hohe Faservolumengehalt und die optimal verteilte Vorimprägnierung ermöglichen letztendlich die Herstellung von extrem leistungsfähigen Leichtbaukomponenten bei gleichzeitig höchstmöglicher Reproduzierbarkeit. Die exakt abgestimmte Vorimprägnierung bringt indes noch weiteren Nutzen mit sich. So werden Prepregs genau so vorkonditioniert, dass sie bei geringen Temperaturen (-18°C) über mehrere Monate lagerfähig sind aber bei Raumtemperatur den richtigen Zustand für eine einfache und effiziente Verarbeitung aufweisen.

So besitzen diese bei Ausführung des Legeprozesses eine leichte Klebrigkeit, welche eine Anhaftung im Formwerkzeug ermöglicht.  Die Drapierbarkeit des Materials ist im Vergleich mit trockenem Fasermaterial leicht eingeschränkt, wohingegen Zuschnitt und Handling aber deutlich vereinfacht werden. Dies spiegelt sich schließlich auch in einer verbesserten Bauteilqualität wider.

Abbildung 2 Die Prepreg-Zuschnitte werden gemäß vorab definierter Faserausrichtung in die Formwerkzeuge eingelegt.

Wie werden Prepregs hergestellt?

Zur Herstellung von Faserverbundmaterialien werden die einzelnen Fasern eines Materials in mehreren Bündeln (Rovings) zusammengefasst und auf Spulen gewickelt. Ein Roving kann aus bis zu 24.000 einzelnen Fäden bestehen. Jene Rovings können anschließend sowohl direkt zu einem Endprodukt, als auch zu einem Halbzeug verarbeitet werden.

Abbildung 3: Aufgerollter Kohlenstofffaser-Roving

 

Bei der Herstellung von vorimprägnierten Halbzeugen, sprich Prepregs, werden die frisch produzierten Faserbündel zusammen mit einer Bindersubstanz zu Gelegen oder Geweben verbunden. Konkret handelt es sich dabei um flächige Textilien. Die Carbonfaser-Bündel werden dabei in unterschiedlichen Winkeln ausgelegt und mithilfe eines Kettfadens nach konkreten, vorab definierten Mustern ausgerichtet. Anschließend werden die verwebten Textilmatten mit einem Harzfilm verpresst oder in einem Harzbad getränkt.

Welche Prepregs gibt es?

Prepregs können sowohl in ihrer Faser-Matrix-Kombination, als auch in ihrem Aufbau unterschiedlich ausgeführt sein. Hinsichtlich ihres Aufbaus werden sie im Zuge ihres Herstellungsprozesses entweder als

  • Unidirektional (UD)-Prepreg-Gelege oder
  • Gewebe-Prepreg produziert.

Prepreg-Gewebe sind durch eine rechtwinkelige Verwebung der Faser charakterisiert. Somit ist die Faserverstärkung orthogonal ausgerichtet. Die Kreuzung der Fasern kann dabei in Form unterschiedlicher Bindungen gestaltet werden. Die häufigsten Bindungsarten sind Leinwand, Körper und Atlas. Gemeinsam mit der Anzahl und Art der eingesetzten Faser bestimmt die Bindung die Eigenschaften eines Gewebe-Prepregs.

Tabelle 1: Darstellung der drei Faserbindungsarten (angelehnt an: R&G Wiki)

 

Im Gegensatz zu Geweben werden bei Gelegen die Fasern nicht miteinander verwebt. Die einzelnen Fasern werden dabei über ein Haftfadengitter oder einen Nähfaden getragen. Die einzelnen Faserstränge sind flach und parallel in eine Richtung ausgerichtet. Dies ermöglicht es, die Fasern genau entsprechend einer Lastrichtung zu platzieren. Wird auch bei Gelegen aufgrund des vorliegenden Lastfalls eine orthogonale Faserverstärkung benötigt, können mehrere UD-Gelege in unterschiedlicher Faserrichtung gestapelt oder in Gewebe-Decklagen eingeschlossen werden.

Abbildungen 4: Über einen Haftfaden fixiertes UD-Gelege

 

Faser-Matrix-Kombination

In der Faser-Matrix-Kombination von Prepregs herrscht eine enorme Gestaltungsfreiheit. Dabei kann praktisch jedes Fasermaterial in eine Polymermatrix eingebettet werden, solange dies technologischen und wirtschaftlichen Nutzen mit sich bringt. Für die Polymermatrix können sowohl Duroplaste, als auch Thermoplaste verwendet werden. Für anspruchsvolle Anwendungen spielen aber Duroplaste eine übergeordnete Rolle, da die Verarbeitung von Hochleistungs-Thermoplasten vergleichsweise schwierig ist. Die wichtigsten und meistverwendeten Duroplaste sind:

  • Epoxidharze
  • und Phenolharze

Die Epoxidharze sind dabei die wichtigste Klasse der Duromere. Dies ist zurückzuführen auf die zahlreichen Vorzüge, welche diese Harzsysteme mit sich bringen. Beispiele dafür sind in etwa:

  • eine hohe statische und dynamische Festigkeit
  • eine gute Maßhaltigkeit durch geringen Schwund
  • eine hohe Temperaturbeanspruchbarkeit
  • eine enorme Chemikalien- und Witterungsbeständigkeit
  • wie auch sehr gute isolierende Eigenschaften

Phenolharze hingegen werden überall dort eingesetzt, wo gute Brandeigenschaften gefordert sind. Anwendung finden diese beispielsweise in der Innenausstattung von Flugzeugen oder Zügen. Aufgrund ihrer geringen Festigkeit und Zähigkeit werden Phenole aber nur selten in strukturellen bzw. lasttragenden Anwendungen verwendet.

Die wichtigsten und meistverwendeten Fasern, welche mit eben beschrieben Harzen kombiniert werden sind Aramidfasern, Glasfasern und Kohlenstofffaasern.

Tabelle 2: Gegenüberstellung der Eigenschaften der einzelnen Faserarten. (Achtung: Diese Werte sind als Richtwerte zu betrachten, da es je Faserart unterschiedliche Typen gibt!)

Der Einsatz von Aramidfasern macht vor allem dann Sinn, wenn die Gewichtsersparnis an erster Stelle steht. Besonders resistent ist diese Faserart auch bei stark abrieb- und schlagbeanspruchten Anwendungen.

Glasfasern sind aufgrund ihres Kostenvorteils das gängigste Verstärkungsmaterial für Faserverbundwerkstoffe. Dabei besitzen sie ausgezeichnete mechanische, thermische, dielektrische und chemische Eigenschaften. Die Festigkeitseigenschaften sind denen von Metallen (z.B. Alu-Legierungen) ähnlich, wobei das spezifische Gewicht niedriger ist, als das der Metalle. Die Steifigkeit (E-Modul) von Glaslaminaten ist gegenüber Metallen aber relativ niedrig, so dass bei einer steifigkeitsbezogenen Auslegung von Bauteilen durch die benötigte große Wandstärke der Gewichtsvorteil aufgehoben wird. Als Problemlösung dafür sollten leichtgewichtige Sandwich-Kernlagen aus Schaumstoff, Schaumvlies oder Aramidwaben berücksichtigt oder ein Umstieg auf Kohlenstofffasern vorgenommen werden.

Abbildung 5: Wabenkernmaterial für Sandwichaufbauten

 

Kohlenstofffasern weisen demnach eine wesentlich höhere Steifigkeit und Festigkeit als Glasfasern auf und haben ein niedrigeres spezifisches Gewicht, weshalb sie zumeist für extrem steife Konstruktionen eingesetzt werden. Zudem zeichnen sich CFK-Laminate durch eine hervorragende Dauerfestigkeit bei dynamischer Belastung, Röntgentransparenz und eine kaum vorhandene Wärmeausdehnung aus. Kommen Carbon-Prepregs bei stark schlagbeanspruchten Anwendungen zum Einsatz, sollten sie nach Möglichkeit mit Aramid-Prepregs kombiniert werden.

Abbildung 6: Auch Hybridgewebe kommen für bestimmte Anwendungen zum Einsatz. Auf dem Bild erkenntlich ein CFK-Aramid-Hybrid-Gewebe.

Wie werden Prepregs verarbeitet?

Prepregs werden in den meisten Fällen anhand des Autoklav-Prepreg-Verfahrens verarbeitet. Dabei werden diese in einem verschließbaren Druckbehälter (Autoklav) unter definierten Wärme- und Druckeinfluss ausgehärtet. Dazu werden die einzelnen Prepregs exakt zugeschnitten und in genau definierter Reihenfolge und Ausrichtung in ein zuvor hergestelltes Formwerkzeug eingelegt. Anschließend härtet der in einem temperaturbeständigen Foliensack vakuumierte Prepreg-Lagenaufbau in der Form unter Temperatur und Druck im Autoklav aus und steht nach einer Abkühlungsphase zur weiteren Verarbeitung bereit. Der Autoklavdruck und das Evakuieren des Lagenpakets bewirken eine Kompaktierung des Fasermaterials, verhindern mögliche Lufteinschlüsse und stellen den finalen Faservolumengehalt ein.

Abbildung 7: Bestückung des Autoklavs mit den evakuierten und auszuhärtenden Bauteilen.

 

Dieses Verfahren ist eines der verschnittärmsten in der Faserverbundtechnik, weil eine detaillierte Ablege-Simulation und maßgenaue Aufbereitung des Materialbedarfs ermöglicht werden. So können die einzelnen Faserlagen über eine Nesting-Software so angeordnet werden, dass der Materialverschnitt so gering wie möglich ausfällt. Mit digitalen Schneidanlagen lassen sich diese dann auch effizient und vollautomatisiert zuschneiden. Durch den leichten Tack der Imprägnierung und den Einschluss in Trennfolie können Prepregs im Vergleich zu Trockenfasergeweben auch ohne Probleme geschnitten und transportiert werden.

Video: Exemplarische Darstellung des Schneidprozesses von Prepregs mit einer digitalen Schneidanlage anhand des Zuschnitts einer Klebefolie. 

 

Im Legeprozess zeichnen sich Prepregs aufgrund des Tacks durch eine hervorragende Drapierbarkeit bei gleichzeitig stabilen Zuschnitten aus. Jedoch gilt es dabei auf eine exakte und richtige Platzierung der Prepregzuschnitte zu achten. Werden diese falsch in das Formwerkzeug bzw. in den Lagenaufbau eingebracht, ist das Lagenpaket durch den Verzug wegen der schlechten Löslichkeit zwischen den einzelnen klebrigen Lagen meist zu entsorgen.

Fazit

Prepregs prägen bereits seit Jahrzehnten den technologischen Fortschritt in der Faserverbundtechnik. Eingesetzt werden die mit Reaktionsharz vorimprägnierten Fasertextilien in Branchen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Motorsport, dem Automotivesektor und der Bahnindustrie. Durch unterschiedliche Faser-Matrix-Kombinationen können die passenden Prepregs mit den geeignetsten Eigenschaften für einen bestimmten Anwendungsfall bestimmt werden. Dabei kann auf eine Vielzahl an Kombinationen zugegriffen werden. Die wohl Bekannteste ist die Einbettung von Kohlenstofffasern in eine Epoxidharzmatrix zur Herstellung von Carbon-Prepregs. Die großen Vorteile solcher Faserverbundmaterialien liegen vor allem in ihrer mechanischen und chemischen Belastbarkeit, wie auch in ihrer leichten Verarbeitung. Verarbeitet werden Prepregs in den meisten Fällen anhand des Autoklav-Prepreg-Verfahrens und gezielt definierten Temperatur-/Druck-Zyklen.