Der Fokus auf nachhaltige Lösungen ist gerade wichtiger denn je und betrifft alle Bereiche der Wirtschaft. Mit bevorstehenden CO2-Steuern, immer strenger werdenden Umweltauflagen, drohenden Strafzahlungen bei unzureichendem Umweltschutz und dem Druck der Gesellschaft, verantwortungsvoll mit Ressourcen umzugehen, sehen sich viele Bereiche der Industrie mit Handlungsbedarf konfrontiert, um auch in Zukunft konkurrenzfähig agieren zu können.
Vor mehr als 100 Jahren konzentrierte sich die Industrie gänzlich auf die Entwicklung von Werkstoffen mit plastischen Eigenschaften, die den bekannten, ausschließlich aus der Natur stammenden Werkstoffen wie Holz, Eisen oder Kautschuk in vielerlei Hinsicht überlegen waren. Fündig wurde man nicht in der Natur, sondern in der Herstellung vollsynthetischer Kunststoffe. Bakelit, der „erste“ massentaugliche Kunststoff wurde 1905 erstmals verwendet und gilt als Grundstein für die Kunststofftechnik wie man sie heute kennt. Damals als Ablöse für natürliche Rohstoffe gedacht, geht der Trend im Jahr 2021 wieder zurück zur Verwendung aus der Natur stammender Ausgangsstoffe. Zusätzlich dazu wird immer mehr Wert auf eine funktionierende Kreislaufwirtschaft gesetzt, sodass bereits verarbeitete Werkstoffe optimal wiederverwendet werden können.
Diese Materialien werden teilweise oder vollständig aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt. Hierbei gibt es Kunststoffe die ausschließlich als Biopolymere entwickelt wurden wie beispielsweise PLA und PHA. Es gibt aber auch bekannte Materialien wie PE, PP und PA, welche aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden und deshalb zu den Biopolymeren zählen. Gibt es in der Verpackungsindustrie bereits gute Anwendungsmöglichkeiten, sind die Eigenschaften der Biopolymere für technische Bauteile meist noch unzureichend. Durch weitere Innovationen im Materialsektor wird sich dies in Zukunft aber schrittweise ändern.
Bei diesen Kunststoffen ist die chemische Struktur so aufgebaut, dass sie von Mikroorganismen abgebaut werden können. Dabei bleibt kein umweltschädliches Mikroplastik zurück, sondern lediglich die Grundbestandteile wie Wasser, Kohlendioxid und Biomasse. Ob ein Kunststoff biologisch abbaubar ist, hängt also nicht vom Rohstoff selbst ab, sondern lediglich von der Molekülstruktur. So ist nicht jedes Biopolymer biologisch abbaubar aber auch nicht jedes Biopolymer aus nachwachsenden Rohstoffen. Relevante Anwendungsgebiete sind unter anderem die Agrar- und Lebensmittelindustrie.
Recyclate sind im allgemeinen Werkstoffe, welche nach der Verwendungsdauer zu neuem Kunststoffgranulat verarbeitet werden. Dabei ist die sortenreine Trennung für die späteren Eigenschaften essentiell, aber nicht immer umsetzbar. Bei einigen Kunststoffen, wie beispielsweise PET gibt es bereits eine nahezu geschlossene Kreislaufwirtschaft, wonach ein Großteil des verarbeiteten Materials als Recyclat wieder in den Verarbeitungsprozess fließt. Eine 100%ige Wiederverwendung ist dabei nicht möglich, weshalb ein kleiner Prozentsatz meist thermisch verwertet und durch neues PET ersetzt wird. Aber auch für Recyclate aus gemischten Kunststoffen gibt es Anwendungsmöglichkeiten. Dabei werden zumeist geringere Anforderungen an das Material gestellt. So werden beispielsweise Mehrweggetränkekisten aus recyceltem Material hergestellt. Ebenfalls relevant ist die Verwendung von Recyclatmischungen in der Asphaltherstellung. Hierbei werden der Bitumenmischung bis zu 15 % Kunststoffabfall beigefügt, um ein temperaturstabileren Straßenbelag zu erhalten, der noch dazu preisgünstiger als herkömmlicher ist.
Betrachtet man ein modernes Auto, wird schnell klar, dass man den heutigen Anforderungen ohne Kunststoffbauteile nicht genügen könnte. Egal ob im Interieur, Exterieur oder im Bereich der Motorelektronik sind Kunststoffteile nicht wegzudenken. Vorteile wie etwa das geringe Gewicht oder die nahezu uneingeschränkte Gestaltungsmöglichkeit gegenüber anderen Materialien machen Kunststoffe im Automotivebereich unabdinglich. Aufgrund der großen Gestaltungsmöglichkeiten können im Außenbereich strömungsoptimierte Bauteile verwendet werden, welche zu einem reduzierten Luftwiderstand und dementsprechend mehr Effizienz führen. Vor allem im höheren Preissegment gibt es immer häufiger die Möglichkeit ein nachhaltiges Interior zu wählen, wobei Kunstleder, Holz, und recycelte Materialien zum Einsatz kommen.
In Bezug auf Nachhaltigkeit stehen viele Vorteile zu Buche:
Modernste zivile Personenflugzeuge bestehen bereits heute zu über 50% aus Kunststoff. Die Flugzeuge, wie sie heute weltweit eingesetzt werden, könnten ohne Kunststoffbauteile schlichtweg nicht abheben, da das Gewicht dies nicht erlauben würde. Zudem könnte der geforderte Komfort niemals erreicht werden. Dabei kommen sowohl CFK- und GFK-Bauteile, als auch Thermoplast- und Elastomerbauteile zum Einsatz. In Kombination mit Leichtbauteilen aus Metall können dank modernstem Engineering die größten jemals gebauten Flugzeuge abheben. Auch in der Luftfahrt spielen die Emissionen eine große Rolle und somit wird in Zukunft auch in diesem Bereich mehr Kunststoff zum Einsatz kommen um über die Gewichtsreduktion weniger Treibstoff zu verbrauchen.
Lange Zeit wurde Kunststoff zu wenig Beachtung hinsichtlich möglicher Anwendungsmöglichkeiten im Bereich der Wehrtechnik geschenkt. Vorurteile, wonach Kunststoffe, egal ob herkömmliche Thermoplaste oder duroplastische Verbundwerkstoffe (CFK, GFK), den hohen Anforderungen nicht genügen könnten, wurden von Kritikern über lange Zeit bestätigt. Nun aber beginnt auch in der Wehrtechnik das Umdenken. Zunehmend werden Kunststoffe eingesetzt. Als oberstes Ziel gilt auch hier die Einsparung von Gewicht.
Dieser Bereich ist der vermeintlich am häufigsten diskutierte Einsatzbereich von Kunststoffen. Pro Kopf werden in Österreich einige Tonnen Verpackungsmaterial im Jahr weggeworfen. Dies macht viele Konsumenten nachdenklich, ob Kunststoffeinwegverpackungen wirklich sinnvoll sind oder eine Mehrweglösung doch geeigneter wäre. Viele Experten sehen den Weg der „goldenen Mitte“ als beste Lösung. Man stelle sich vor jeder Joghurtbecher oder jede Chipstüte wäre in einer Mehrwegverpackung erhältlich. Bestimmt würde weniger Müll anfallen, jedoch vergessen die meisten das enorme Mehrgewicht und die dadurch deutlich höheren Emissionen beim Transport. Zudem werden Mehrwegverpackungen nicht ausreichend genutzt und werden teilweise schon nach wenigen Verwendungszyklen entsorgt. Natürlich gibt es Lösungen, die für diverse Anwendungen nachhaltig sinnvoll sind. Nur die Betrachtung und Analyse über den gesamten Lebenszyklus kann hier eine Aussage über die Sinnhaftigkeit liefern.
Kunststoff und Nachhaltigkeit sind Begriffe, die für viele kaum zueinanderpassen. Sehen Laien ausschließlich die immer größer werdenden Plastikmüllberge und stellen in Folge die Kunststoffindustrie an den Pranger, kennen Experten den unverzichtbaren Nutzen von Kunststoff und versuchen Lösungen zu entwickeln, um die akuten Probleme zu lösen. Genauso undenkbar wie eine Welt ohne Plastik, sollte auch der weltweit herrschende rücksichtslose Umgang mit Kunststoffabfällen sein. Das ausgeschriebene Ziel vieler Experten und der Industrie, eine geschlossene Kreislaufwirtschaft zu erreichen, scheint nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern bietet ein riesiges ökonomisches Potential, die Herstellung, Produktion und Wiederverwertung von Kunststoffen wirtschaftlich effizienter zu gestalten. Bei sortenreiner Trennung der unterschiedlichen Materialien können nahezu die gleichen Eigenschaften trotz mehrfacher Verarbeitung erreicht werden. Davon ausgenommen sind Kunststoffbauteile mit speziellen technischen Anforderungen wie zum Beispiel Flammschutz und jene die spezifische FDA-Zulassungen und EU-Verordnungen erfüllen müssen.
Eine Welt ohne Kunststoffe wird es bis auf weiteres nicht geben können und das ist gut so. Was einst aus reinem Erfindergeist im Labor entwickelt wurde, sind heute unsere etablierten Werkstoffe. Die Herausforderungen der heutigen Zeit bestehen in der Weiterentwicklung bestehender wie auch in der Entwicklung neuer Kunststofftypen. Das generelle Verständnis für den verantwortungsvollen Umgang mit der Ressource Kunststoff scheint notwendig, um die Müllprobleme in den Griff zu bekommen und die Umsetzung einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft für Massenkunststoffe möglich zu machen.