Haben Sie schon einmal vom RIM-Verfahren gehört? RIM bedeutet Reaction Injection Molding und ist ein Verfahren zur Herstellung von Komponenten aus Kunststoffen. Diese Niederdruck-Spritzguss-Technologie bietet gerade in der Prototypen- und Kleinserienfertigung entscheidende Vorteile, jedoch findet es nur selten in die ersten Erwägungen von Projektverantwortlichen und Konstrukteuren Eingang. Dies mag auf mangelndes Wissen um die Preisvorteile des Verfahrens, wie auch auf den Umstand zurückzuführen sein, dass aus unternehmensstrukturellen Gründen überhaupt nur wenige Kunststoff-Verarbeiter in der Lage sind RIM-Fertigung für Kleinst- und Kleinserien anzubieten.
In diesem Beitrag erklären wir, worin diese entscheidenden Vorteile des RIM-Verfahrens liegen und in welchen Bereichen es den klassischen Spritzguss in den Schatten stellt.
Geht es um die Investitionskosten für den Formenbau punktet das RIM-Verfahren mit deutlich geringeren Kosten als der herkömmliche Spritzguss. Auch wenn letzteres unter Zuhilfenahme von Stammformen und Einsätzen in der Prototypen- und Kleinserienfertigung relativ ressourcenschonend umgesetzt werden kann, schlagen Aluminium- und Stahlwerkzeuge immer mit höheren Kosten zu Buche, als die im RIM-Verfahren eingesetzten Polymerbeton- und Kunststoffvarianten. Gerade für kleine und mittelgroße Serien ist diese Werkzeug Technologie, häufig eine kostengünstigere Alternative zu gefrästen Stahl- oder Aluminiumwerkzeugen. In diesem Fall werden vorhandene Urmodelle und Prototypen mit einem Materialgemisch aus Epoxydharz und verschiedenen Granulat-Arten direkt abgeformt. Auch für händisch designte Oberflächen, wie sie sich zum Beispiel häufig an Bauteilen für die Tuning Szene oder im Design-Bereich wiederfinden, eignet sich dieses Verfahren hervorragend.
Ein derart sparsamer Werkzeugbau ist möglich, weil beim Reaction Injection Moulding zwei Komponenten in einem Mischkopf vermengt und unmittelbar als Reaktionsmasse in die Form eingespritzt werden, wo das Material dann auch aushärtet. Ein hoher Zuhaltedruck wie beim konventionellen Spritzguss ist deshalb nicht erforderlich, weshalb weniger druckstabile und somit günstigere Werkzeuge zum Einsatz kommen. Ausgehend von der Produktion eines einfachen Stoßfängers bedeutet das einen 5-10 Mal geringeren Invest in den Werkzeugbau als bei herkömmlicher Spritzguss-Fertigung.
Trotz dieses Kostenvorteils weisen die formgebenden Werkzeuge, die im RIM-Verfahren zur Anwendung kommen, mit bis zu 2.500 Stück durchaus hohe Standzeiten auf. Für die Abdeckung von Vor- und Kleinserien kann das Reaction Injection Moulding daher eine extrem attraktive Option darstellen – insbesondere weil die produzierten Formteile den späteren Serienteilen hinsichtlich Detailtreue, Wandstärke und Oberflächenstruktur grundlegend entsprechen.
Auch hinsichtlich der Werkzeug-Produktionsdauer hat das RIM-Niederdruck-Spritzgießen die Nase vorn: Reaction Injection Molding ermöglicht es – je nach Bauteilkomplexität – eine deutliche Prozessbeschleunigung gegenüber konventionellem Spritzguss zu erzielen. Ein 3 bis 4 Mal schnellerer Fertigungsstart ist durchaus realisierbar.
Werden die Anforderungen an die Stückzahlen allerdings höher, gewinnt das herkömmliche Spritzgießen wieder die Oberhand: ein Teilebedarf von mehreren hundert Teilen pro Tag ist binnen kurzer Zeit mit dem RIM-Verfahren nicht wirtschaftlich abdeckbar, da bei der Teileproduktion von einer Zyklusdauer von rund 15 Minuten auszugehen ist. Stückzahlen von 5 bis 250 Stück pro Jahr sind hingegen realistisch, effizient und kostengünstig produzierbar.
Beim Reaction Injection Molding bestehen grundsätzlich kaum Größenbeschränkungen für fertigbare Formteile. Das Verfahren wird deshalb regelmäßig für die Herstellung von Komponenten mit einer Größe von 100 bis 2500 mm herangezogen. Dabei erweist sich das RIM-Niederdruck-Spritzgießen insgesamt als günstigste Produktionsform für große Formteile in der Prototypen- und Kleinserienfertigung. Wo konventioneller Spritzguss an seine Grenzen stößt, steigt die Wirtschaftlichkeit des Reaction Injection Moldings proportional zur Bauteilgröße.
Es gibt eine breite Palette an PUR-RIM-Materialien für die schnelle Produktion von kleinen und mittleren Serien, deren Eigenschaften Thermoplasten sehr ähnlich sind.
Ob das RIM-Verfahren bei der Fertigung eines Bauteils zur echten Spritzguss-Alternative werden kann, entscheidet sich letztlich aber anhand der Toleranz- und Materialanforderungen. Besonders strenge Präzisionsvorgaben (kleiner als 0,5 mm) schließen das Reaction Injection Molding als Herstellungsverfahren ebenso aus, wie spezifische Auflagen, die nach den Eigenschaften von thermoplastischen Schmelzen verlangen. Der Anwendungsbereich für das RIM-Verfahren ist nichtsdestotrotz enorm und kann besonders in der Produktion von Ersatzteilen in geringen Stückzahlen einen enormen Kostenvorteil bieten.
Da das RIM-Verfahren ausschließlich zur Verarbeitung von Polyurethanen geeignet ist, kann es zwar keine derart große Materialvielfalt wie das konventionelle Spritzgießen aufweisen, aber mit seinen Materialeigenschaften in unterschiedlichsten Anwendungsfeldern punkten: Im RIM-Verfahren gefertigte Formteile zeichnen sich durch hohe Stabilität bei geringem Gewicht, hervorragende mechanische Eigenschaften, sowie Wärmeformbeständigkeit aus. Da in der Herstellung nur wenig Druck zur Anwendung kommt, eignet es sich außerdem zum Umgießen drucksensibler Komponenten (bspw. Verguss von Elektronik).
Die Tatsache, dass sich das RIM-Verfahren sowohl zur Herstellung von Gieß- als auch Integralschaumteilen eignet, führt zu einer breiten Branchen- und Anwendungsvielfalt: Die produzierbaren Komponenten reichen von schall- und stoßdämpfenden Elementen in Fahrzeugen, über Innenausstattungskomponenten (Instrumententafeln, Türverkleidungen usw.) von Spezialfahrzeugen, bis hin zu Gehäuseteilen für den medizintechnischen Bereich.
Gerade wenn es um die rasche und kostengünstige Produktion großer Formteile in der Prototypen- und Kleinserienfertigung geht, sollten Sie RIM als Spritzguss-Alternative in Erwägung ziehen. Sofern spezifische Toleranz- und Materialanforderungen der Fertigung aus PUR (Polyurethane) nicht im Wege stehen, ist das Niederdruck-Spritzgießen eine reizvolle und effiziente Option.