Kohlenstofffaserverbundwerkstoffe, kurz auch Carbon oder CFK, haben viele einzigartige Eigenschaften, darunter eine extreme Festigkeit & Steifigkeit, eine geringe Dichte und ein einzigartiges Design. Der Einsatz dieses Werkstoffs hat dabei aber noch eine recht junge Geschichte. Vor 40 Jahren wurde es so ausschließlich von militärischen Forschungszentren und der NASA verwendet. Die enormen Vorzüge von Carbon sorgten aber dafür, dass es mittlerweile in fast allen Bereichen der Industrie eingesetzt. So findet das Material heute auch im Maschinenbau, dem Rennsport, der Medizintechnik, dem Bootsbau oder in Freizeit- und Sportartikeln Anwendung.
Video: Carbon Schlagtest
Eine direkte Gegenüberstellung der Eigenschaften von CFK mit denen von herkömmlich eingesetzten Konstruktionsmaterialien, wie Aluminium oder Stahl, ist dabei nicht ganz so einfach. Grund dafür ist der unterschiedliche Aufbau von Faserverbundwerkstoffen und Metallen. Was das genau bedeutet und wie sich die Werkstoffeigenschaften dennoch vergleichen lassen, beschreiben wir nach einem kurzen historischen Exkurs, wie auch einer komprimierten Begriffserklärung in diesem Beitrag.
Bevor wir näher auf den Vergleich der Materialeigenschaften eingehen, wird zur Aufklärung noch ein kurzer historischer Rückblick zur Etablierung des Werkstoff Carbons geliefert. Die Anfänge der Kohlenstofffaser reichen bis ins Jahr 1963 zurück. Zu dieser Zeit war die Kohlenstofffasertechnologie äußerst kostspielig und nur dem militärischen Luft- und Raumfahrzeugbau vorbehalten. Leichte Elemente aus CFK ersetzten dabei vermehrt schwere Metallkomponenten, weil dies eine schnellere Beschleunigung und höhere Geschwindigkeiten ermöglichte.
Nach und nach wurde Carbon für Hersteller aber erschwinglicher. Im Laufe der Zeit wurde die Kohlenstofffaser somit auch in der Produktion von Rennwagen- und Motorradkarosserien, Fahrradrahmen, Skiern, Robotern, Flugzeugen, Booten und vieler weiterer Komponenten eingesetzt. Heute lässt sich sagen, dass man das Material in beinahe allen Bereichen der Industrie in Form diverser technischer Bauteile auffindet.
Der Begriff Carbon bezieht sich am häufigsten auf Textilien aus gewebten Kohlenstofffasern.
Jede Faser enthält von 3.000 bis zu 12.000 einzelne Filamnte. Die Dicke eines Kohlenstofffaser-Einzelfilaments beträgt 1/10 des menschlichen Haares (0,005-0,010 mm). Die Textilien können dabei in unterschiedlichen Webarten ausgeführt werden. Diese bestimmen letztendlich das Aussehen und die mechanischen Eigenschaften eines Carbonbauteils.
Ein unidirektionales Gelege weist eine sehr gute Festigkeit entlang der Filamente und eine verringerte Festigkeit in Querrichtung auf. Diese Art bietet die perfekte Lösung, wenn ein Abschnitt entlang einer Richtung (entlang des Filaments) Zug oder Druck ausgesetzt ist. Um eine hohe Zugfestigkeit in jeder Richtung zu erreichen, ist ein Laminat aus mehreren Geweben in verschiedenen Winkeln (z.B. 0, +45, +90, -45) erforderlich (quasi-isotroper Faserverbund). Unidirektionale Gelege bieten kein attraktives Aussehen und werden daher häufig mit Gewebelagen abgedeckt.
Bei Twill- bzw. Köper-Geweben sind Filamente in einem 90-Grad-Winkel verwebt. Das ist die am häufigsten verbreitetste Webart und bietet eine gleichmäßige Festigkeit in verschiedene Richtungen bei sehr guter Drapierbarkeit. Zusätzlich verleiht es dem Verbundwerkstoff sein charakteristisches Aussehen.
Plain- bzw. Leinwand-Gewebe werden auch im 90° Winkel verwebt, sind aber schlechter drapierbar. Optisch erinnert diese Webart an ein Schachbrettmuster.
Unimprägnierte Carbongewebe erfordern erst eine Harzimprägnierung (vorzugsweise mit Epoxidharz), um einen starken Verbund der Kohlenstofffaser zu erzeugen.
Im Gegensatz zu Metallen sind Carbonfaserverbundwerkstoffe anisotrope Materialien. Folglich hängen die Verbundeigenschaften wie beispielsweise die Steifigkeit von der Faserorientierung ab. Bei Metallen sind die Eigenschaften unabhängig von der Belastungsrichtung immer gleich. Diese Materialien werden somit als isotrop bezeichnet. Ein weiteres Beispiel für einen anisotropen Werkstoff ist Holz, dessen Festigkeit und Steifigkeit auch von der Maserung abhängen.
Bei der Auslegung von Carbonelementen spielen die Ausrichtung der Kohlenstofffasern und die Art des Faserhalbzeugs eine tragende Rolle. Je nach Lastfall kann somit ein optimaler Materialverbund definiert werden, welcher mehr Gewebe an stark belasteten Stellen und weniger Gewebe an Stellen mit geringer Belastung aufweist. Dadurch kann das Gewicht eines Bauteils im Vergleich zu einem aus Metall zusätzlich optimiert werden. Dies erfordert jedoch ausreichend Know-how und Erfahrung der Konstrukteure. Ist für ein Bauteil Festigkeit in nicht nur einer bestimmten Richtung erforderlich, sollte das Kohlenstoffgewebe gleichmäßig auf 0, -45, +45, 90 Grad ausgerichtet sein, um eine quasi-isotrope Anordnung ähnlich der bei Metallen zu gewährleisten.
Carbonfaserverbundwerkstoffe bieten einzigartige Eigenschaften, die dieses Material von anderen Strukturmaterialien abheben. Nachfolgend werden die wichtigsten Eigenschaften von kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen zusammengefasst und mit den am häufigsten verwendeten Konstruktionsmaterialien in Vergleich gestellt.
Kohlenstofffaserverbundwerkstoffe (40% Epoxidharz, Kohlenstofffasern 60%) haben eine sehr geringe Dichte von 1,55 g/cm3. Im Vergleich dazu besitzt Aluminium eine Dichte von 2,7 g/cm3, Titan eine von 4,5 g/cm3 und Stahl bei Weitem die höchste mit 7,9 g/cm3. Mit anderen Worten – Komponenten aus Carbon sind bei gleichem Bauteilvolumen um 42 % leichter als jene aus Aluminium, dreimal leichter als jene aus Titan und fünfmal leichter als jene aus Stahl.
CFK zeichnet sich durch eine hohe Steifigkeit aus. Dabei bieten Standard-Carbon-Prepregs in Ausführung eines 0/90-Gewebes eine Steifigkeit von 90 GPa, während Aluminium 69 GPa aufweist.
Bei identem Gewicht bieten Kohlenstofffaserverbunde eine 2- bis 5-mal höhere Steifigkeit (je nach verwendeter Faser) als Aluminium und Stahl. Bei bestimmten Komponenten, die nur entlang einer Ebene belastet werden und bei denen die Carbonfasern unidirektional ausgerichtet sind, ist ihre Steifigkeit 5- bis 10-mal höher als die von Stahl oder Aluminium. Dabei sei beachtet, dass die Wandstärke einer CFK-Komponente aufgrund der geringen Dichte, wesentlich dicker ausgeführt werden kann.
Video: Der CFK-Streifen knickt im Vergleich zum Aluminiumstreifen nicht.
Composites aus Kohlenstofffasern vergrößern den Konstruktions- und Design-Spielraum und damit die Innovationskraft. Im Gegensatz zu klassischen Fertigungsverfahren und Materialien sind komplexe Geometrien wie Hinterschneidungen mit der Faserverbundtechnologie vergleichsweise einfach zu realisieren. Beschränkungen durch die Einhaltung von Biegeradien oder Wandstärken werden bei der Arbeit mit Carbon ebenso wenig zum Problem, wie der Zwang zur Anwendung von Rippenkonstruktionen.
Neue Standards setzen Composites aber auch in Hinblick auf die Bauteilgröße, denn bei der Fertigung von Carbonkomponenten anhand der Prepreg-Autoklaven-Technik können größere Komponenten realisiert werden, als im Feingussverfahren. Auch die Anzahl der für Wärmeausdehnung anfälligen Schweißverbindungen reduziert sich somit deutlich.
Kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe haben einen sehr geringen Wärmeausdehnungskoeffizienten. Der lineare Ausdehnungskoeffizient von Carbon bei 20 °C beträgt 2 (10-6 K-1). Die linearen Wärmeausdehnungskoeffizienten von anderen Konstruktionsmaterialien bei 20 °C sind wesentlich höher und zum Vergleich folgend gelistet:
Carbon wird auch in der Medizintechnik häufig verwendet, da es sich um ein strahlendurchlässiges Material handelt, welches Röntgenstrahlen nicht blockiert (Röntgentransparenz). Dadurch werden eine kurze Scandauer und präzise Scanergebnisse gewährleistet. Es wird somit auch zur Herstellung von Röntgensystemen (Scanner-Tischplatten) verwendet.
Eine direkte Gegenüberstellung der Eigenschaften von CFK mit denen von herkömmlich eingesetzten Konstruktionsmaterialien wie Aluminium oder Stahl ist nicht ganz so einfach. Grund dafür ist der unterschiedliche Aufbau von Faserverbundwerkstoffen und Metallen. Faserverbundwerkstoffe sind anisotrop, während Metalle isotrop sind. Das bedeutet, dass die Eigenschaften von Metallen richtungsunabhängig sind, die von Faserverbundwerkstoffen aber stark von der Faserausrichtung abhängen. Bauteile aus Faserverbundwerkstoffen müssen hinsichtlich ihrer Faserorientierung demnach konkret auf einen definierten Lastfall ausgelegt werden. Es gibt somit eine Reihe von Faktoren, die Ingenieure berücksichtigen müssen, wenn sie ein Projekt in Faserverbundbauweise umsetzen möchten. Bei gekonnter Ausführung lässt sich aber sagen, dass gerade Carbon eine Menge Vorteile mit sich bringt. Diese spiegeln sich vor allem in einer wesentlich höheren Steifigkeit, einer geringeren Dichte, einer enormen Gestaltungsfreiheit und einer beinahe nicht existenten Wärmeausdehnung wider