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Vom Prototypen zum fertigen Spritzgussteil - Das MEGA65-Gehäuse

by Julian Stopper

Dieser Blog befasst sich mit dem Projektablauf für das MEGA65-Gehäuse, von der Konstruktion und Fertigung der Form bis hin zu der Herstellung der ersten Musterteile. Wir wollen Ihnen damit anhand einer Kundenstory unseren Projektablauf näher bringen und Ihnen zeigen, wie sich optimale Kommunikation mit unsere Kunden positiv auf die Bauteilqualität auswirkt. Frühe Definition der Materialauswahl, Anforderungen an das Bauteil sowie kundenspezifischer Designwünsche kann die Projektanlaufzeit erheblich verkürzen.

Haben Sie sich, so wie im Falle von MEGA e.V., für die Realisierung eines Projektes im Spritzguss entschieden, wird in jedem Fall eine Machbarkeitsstudie für Ihr Bauteil durchgeführt. Dabei wird geprüft, ob sich das Bauteil grundsätzlich für das Spritzgießen eignet und eventuelle Änderungsvorschläge erarbeitet, sodass eine spritzgussgerechte Konstruktion vorliegt.

Eine der Kernkompetenzen der Hintsteiner Group ist das Fertigen von Prototypen aus serienähnlichen Materialien, um Funktionstests sowie Designanalysen direkt am Bauteil durchführen zu können. Die gesammelten Erkenntnisse der Prototypenfertigung fließen zusätzlich in die Konstruktion mit ein, wodurch das Risiko einer aufwendigen Änderung des Spritzgusswerkzeugs reduziert wird. Die im Vakuumgussverfahren hergestellten Prototypen des MEGA65-Gehäuses wurden umfangreichen Kundentests unterzogen. Mit den gewonnenen Erkenntnissen aus den Tests konnten unsere Techniker eine optimierte Bauteilkonstruktion erstellen, die den Anforderungen des Bauteils optimal entspricht.

Bei dem MEGA65-Gehäuse wurden notwendige Entformschrägen, geänderter Verschlusshaken und kleine Designanpassungen von unseren Konstrukteuren vorgenommen. Entsprechend der Anforderungen werden die Änderungen am Bauteil in Absprache mit unseren Kunden durchgeführt. Dabei spielt die jahrelange Erfahrung unseres Teams eine große Rolle. Erteilt der Kunde die Freigabe der Daten, werden diese an den Werkzeugbau weitergegeben und ein „Design For Manufacturing“-Report erstellt. In diesem DFM-Report erhalten unsere Kunden die essentiellen Informationen über den Werkzeugbau. Thematisiert werden dabei die Anspritzung, das Entformen, die Position der Teilekennzeichnung oder eventuell notwendige Änderungen, sodass die gewünschte Bauteilqualität erreicht werden kann. MEGA präsentierte sich als sehr kompetenter Kunde, stellte klare Anforderungen und ließ dabei trotzdem genug Spielraum für unsere Produktion, sodass ein konstruktives Zusammenarbeiten einfach möglich war. Änderungsschleifen kosten in dieser Projektphase kaum Zeit, weshalb wir versuchen, so viel als möglich vor Beginn der Werkzeugfertigung zu ändern. Ist der Kunde zufrieden, starten wir mit der Fertigung des Werkzeugs. 

Prototyp MEGA

 

Inhaltsverzeichnis:
1. Herstellung der Formgebenden Werkzeugkomponenten
2. Die Bemusterung
3. Kundentest
4. Interview mit Detlef Hastik
5. Fazit


Der Herstellung der Formgebenden Werkzeugkomponenten:

Um den Werkzeugaufbau kostengünstig realisieren zu können, werden sämtliche Bauteile, die in ihrer Funktion keine formgebende Wirkung besitzen, als Normteile zugekauft. Alle bauteilspezifischen Komponenten wie die beiden Formeinsätze, Schieber etc. müssen mittels CNC-Fräsen/Drehen, Erodieren und anschließendem Polieren gefertigt werden. Für das MEGA65-Gehäuse haben wir 3 Werkzeuge gefertigt. Für Unter- und Oberteil jeweils ein Werkzeug sowie ein Familienwerkzeug bestehend aus Erweiterungsschacht-Decke und Auswurf-Knopf für das das Floppydisk-Laufwerk.

Kunststoff SpritzgusswerkzeugIm Bild ist der auswerferseitige Formeinsatz für das Familienwerkzeug während des Erodierprozesses abgebildet. Deutlich zu erkennen ist die grobe Kontur der beiden Bauteile, welche mittels CNC-Fräsen eingearbeitet wurde. Der Formeinsatz auf dem Bild befindet sich gerade auf der Erodiermaschine, wo die Form des Schnappers für den Batteriedeckel eingearbeitet wird.

Abschließend werden die formgebenden Komponenten entsprechend der Kundenanforderung poliert, oder mittels Erodieren eine Oberflächengüte nach VDI 3400 aufgebracht.

SpritzgießwerkzeugMit Beendigung der abschließenden Bearbeitungsschritte sind sämtliche Konturen samt Oberflächenstruktur in die Formhälften eingearbeitet. Hier abgebildet ist die düsenseitige Formhälfte für das Gehäuseoberteil. Der Angusskanal samt aller vier Anspritzpunkte ist in der Mitte des Bauteils als halbrunde Vertiefung deutlich zu erkennen.

Die beiden letzten Schritte im Werkzeugbau bestehen aus der 3D-Vermessung, sowie dem endgültigen Zusammenbau des gesamten Werkzeugs. Wird durch das Vermessen eine Abweichung zwischen Form und CAD-Datei erkannt, folgt vor dem Zusammenbau eine zusätzliche Korrekturschleife, um das Werkzeug entsprechend nachzuarbeiten.

Die Bemusterung

Mit der Bemusterung der Teile beginnt eine sehr entscheidende Projektphase, in der wir durch unser jahrelanges Know-How entscheidend die Bauteilqualität beeinflussen können. Optimierte Spritzparameter individuell angepasst an das Werkzeug sind ausschlaggebend für eine präzise Fertigung von Spritzgussteilen. Spritzfehler wie Lunker, Oberflächenschlieren, Gratbildung und Bauteilverzug können somit minimiert werden.

Das MEGA65-Gehäuse wurde mit einer Stückzahl von 15 Gehäusen bemustert. Nach einer ersten Bauteilprüfung direkt nach der Produktion, kommen die Muster für weitere Bauteilkontrollen zu unserer Qualitätssicherung. Je nach Kundenbestellung erstellen wir einen Erstmusterbericht, vermessen das Bauteil und begutachten jedes Musterteil genau, um die Qualität der Bauteile feststellen zu können.

Erhalten wir die Freigabe durch die Qualitätssicherung, versenden wir die Muster an unseren Kunden sodass diese ebenfalls die Qualität beurteilen können.

 

Kunststoffspritzguss

 

Spritzguss Kunststoff

 

Kunststoffspritzguss

 

  

Kundentest

In dieser Phase ist die Kommunikation mit unseren Kunden enorm wichtig. Die von uns intern erkannten qualitativen Mängel, sowie die vom Kunden in Form von Feedback geäußerten Änderungswünsche und Beanstandungen werden direkt an unsere Produktion weitergegeben. Diese sogenannten Werkzeugänderungsschleifen sind in dieser Phase sehr Zeit- und Kostenintensiv, lassen sich jedoch nicht immer vermeiden. Je nach Kundenanforderung und Projektplanung dauern die Kundentests länger oder kürzer. Erteilt der Kunde uns die Freigabe der Musterteile kann die Serienproduktion gestartet werden.

Konstruktion Kunststoffspritzguss

Interview mit Detlef Hastik

Der Commodore 65 hätte Anfang der 90er Jahre auf dem Markt kommen sollen, allerdings wurde der Rechner nie fertiggestellt. Das Aufrollen des Projekts war daher von Beginn an eine Herausforderung. Wie kam es zu der Idee?

MEGA, kurz für Museum of Electronic Games & Art, ist eine gemeinnützige Organisation zum Erhalt unseres digitalen kulturellen Erbes. Wir versuchen sozusagen die “Digitale Antike” greifbar und erlebbar zu machen, weil wir viel davon lernen können und nicht vergessen sollten. MEGA hat unter anderem das erste Computerspiel “Tennis for Two” von 1958 wiederbelebt und international spielbar ausgestellt. Auf der Suche nach neuen spannenden Objekten, denen das Vergessenwerden droht, stießen wir 2005 auf den nie veröffentlichten Commodore 65. Dieser Computer hätte der letzte große 8-Bit Rechner und Nachfolger des legendären C64 werden sollen. Wir beschlossen, das Projekt C65 wieder aufzunehmen und konnten Paul Gardner-Stephen aus Australien als Mitglied gewinnen, der bereits ein ähnliches Projekt mit dem C64GS begonnen hatte, allerdings von einem realen Rechner bestenfalls träumte.

Herr Hastik, das Ziel war einen Nachfolger für den legendären Commodore C65 zu schaffen. Wir von der Hintsteiner Group durften Sie bei der Entwicklung des Gehäuses unterstützen. Welche Anforderungen waren für Sie besonders wichtig bei Herstellung?

Als gemeinnützige Organisation unterliegen wir nicht den Regeln des Wettbewerbs. Während sich auf dem Retro-Computer Markt diverse Anbieter tummeln, die profitabel agieren müssen und daher günstig im asiatischen Raum produzieren, waren wir von Anfang an auf maximale Qualität aus. Keiner der Beteiligten arbeitet für Geld, stattdessen konnten wir die weltweit fähigsten Entwickler in diesem Bereich für das Projekt begeistern, an dem wir alle ehrenamtlich und quelloffen arbeiten. Umso wichtiger war es, für die Hardwarekomponenten, Partner zu finden, die zum einen diese Begeisterung teilen und zum anderen die beste denkbare Qualität abbilden können. Diese haben wir in Deutschland und Österreich gefunden. Die Finanzierung der Spritzgusswerkzeuge haben wir über eine Crowdfunding Aktion gestemmt, bei der uns viele Enthusiasten unterstützt haben, die ebenfalls an größtmöglicher Authentizität und Qualität interessiert sind.

Zunächst wurden Prototypen im Vakuumgussverfahren hergestellt. Nach zahlreichen Testungen wurde das Gehäuse überarbeitet und für die Serienproduktion mittels Spritzgussverfahren freigegeben. Wie empfanden Sie die Zusammenarbeit mit der Hintsteiner Group in dieser spannenden  Zeit?

Das Team von Hintsteiner und unser Ansprechpartner Herr Nestler haben ein perfektes Gehäuse abgeliefert und damit einen extrem wichtigen Teil zum fertigen Produkt beigetragen. Im Prozess von Vakuumguss über SLA bis hin zur Spritzgussform war die Kommunikation trotz der räumlichen Distanz immer optimal. Hier wurde weder versucht Abkürzungen zu nehmen noch jeder Cent umgedreht, das bestmögliche Ergebnis stand zu jeder Zeit im Vordergrund. Herr Nestler wurde im Schaffensprozess stellvertretend für die Firma Hintsteiner zum gleichwertigen Teammitglied, es gab zu keinem Zeitpunkt ein “Dienstleister-Gap” - alles passierte stets auf Augenhöhe und mit modernsten Mitteln der Kommunikation. Besser kann es eigentlich nicht laufen!

Nun ist das Projekt in der finalen Runde. Wie wird es weitergehen?

In den kommenden Wochen erhalten die einhundert ersten Entwickler bzw. Entwickler-Studios ihre Development Kits. Es ist bereits verschiedenste Software, darunter sogar kommerzielle Spiele angekündigt worden. Die Community wartet gespannt auf den Release des fertigen Rechners, der derzeit für 2021 geplant ist. Vor allem das charismatische Gehäuse wird dabei eine wichtige Rolle spielen. Wir gehen davon aus, in Zusammenarbeit mit der Fa. Hintsteiner über die nächste Dekade hin immer wieder größere Chargen von Gehäusen und Rechnern zu produzieren.

Vielen Dank für das Interview Herr Hastik!

Es war mir eine Freude! Ich möchte mich im Namen des gesamten MEGA65 Teams ganz herzlich für die tolle Zusammenarbeit und das großartige Ergebnis bedanken!

Fazit

Die Kundenzufriedenheit steht für uns bei jedem Projekt an erster Stelle. Im Falle vom Projekt MEGA65 möchten wir die ausgezeichnete Zusammenarbeit hervorheben. Anpassungen in der Konstruktion sowie bei den ersten Musterteilen konnten wir dank der konstruktiven Mithilfe von MEGA e.V. rasch durchführen. Zu diesem Thema haben wir mit Herrn Detlef Hastik noch ein Interview geführt.

 

kunststofftechnik spritzguss CNC-prototyping konstruktion

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Carbon CFK Autoklaventechnik Herstellung.jpg

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