Exoskelette: Zu extremer Kraft mit innovativen Roboteranzügen

Exoskelette & Carbon: Revolution in Kraft & Design
Autor:
Armin Rosenmaier
Veröffentlicht:
February 29, 2024

Einmal sein wie Iron Man? Mit modernen Entwicklungen, wie Exoskeletten, lässt sich das Gefühl des "Superheldendaseins" zumindest ansatzweise nachvollziehen. Ähnlich, wie der Anzug, der Toni Stark zu Iron Man macht, verleihen auch Exoskelette dem menschlichen Körper zusätzliches Leistungsvermögen.

Ziel dieser Systeme ist die Entlastung von Menschen, die extremen physischen Strapazen ausgesetzt sind - egal ob in der Arbeit oder auch in der Freizeit. Um die Belastung des menschlichen Körpers dabei so gering, wie möglich zu halten, müssen die Exoskelette per se geringstes Gewicht bei höchster Funktionalität aufweisen. Zur Gewährleistung dessen müssen lasttragende, strukturelle aber auch optische Komponenten der Roboteranzüge aus leichten aber hochleistungsfähigen Materialien gestaltet werden. Ein Werkstoff, der einem bei diesen Anforderungen vermutlich sofort in den Sinn kommt ist Carbon!

Carbon weist all jene technischen und optischen Eigenschaften auf, welche das Material für den Einsatz in Exoskeletten prädestinieren. Geringes Gewicht, extreme Festigkeit und Steifigkeit, wie auch die freie Formgebung sind nur einige dieser Eigenschaften. Was letztendlich genau für den Einsatz von Carbon in Exoskeletten spricht, ist Thema dieses Artikels. Um Verständnis für die Thematik zu schaffen werden vorerst noch etwaige Grundlagen zum Thema Exoskelette erläutert.

Inhaltsverzeichnis:

1. Was sind Exoskelette?
2. Was ist der Ursprung der Exoskelette?
3. Welchen potentiellen Nutzen bringen Exoskelette?
4. Wo werden Exoskelette eingesetzt?
5. Das Potential von Carbon als Bestandteil von Exoskeletten
6. Fazit

Was sind Exoskelette?

Bei Exoskeletten handelt es sich um Assistenzsysteme, welche am menschlichen Körper getragen werden und mechanisch auf diesen einwirken. Dadurch sollen physisch stark beanspruchte Personen wesentlich entlastet werden. Natürliche menschliche Bewegungsabläufe werden dabei ohne Beeinträchtigung unterstützt und verstärkt. Demnach gleichen Exoskelette Robotern oder Maschinen zum Anziehen, weshalb sie, à la Iron Man, auch gerne Roboteranzüge genannt werden.

Abbildung 1:  Darstellung eines ExoskelettsIm Wesentlichen wird dabei zwischen aktiven und passiven Exoskeletten unterschieden.

Aktive Exoskelette besitzen integrierte elektrische oder pneumatische Antriebe und bieten dadurch eine aktive Unterstützung bestimmter Körpersegmente. Passive Exoskelette hingegen besitzen lediglich Supportelemente, wie Hebel, Stützstrukturen, Dämpfungs- und Rückhaltefedern oder Beugewinkelbegrenzungen. Der Antrieb wird dabei ohne Motoren oder ähnlichem von der Person selbst ausgeführt.

Was ist der Ursprung der Exoskelette?

Der erste Versuch eine Art künstliches Exoskelett zu schaffen, geht vermutlich auf das Jahr 1965 zurück. Bereits damals entwickelte General Electric einen Prototypen des sogenannten Hardimans. Der Hardiman sollte dem Träger des Roboteranzuges ermöglichen bis zu 680 kg ohne große Anstrengung zu heben. Leider wurde das Projekt in diesem Ausmaß nicht weiter fortgesetzt, da keine kontrollierte Nutzung des Exoskeletts zu bewerkstelligen war. Weitere Entwicklungen des Hardimans konzentrierten sich auf den Greifarm per se.

Abbildung 2: Zeichnung des Hardimans von General Electric

Welchen potentiellen Nutzen bringen Exoskelette?

Als wesentlicher Nutzen von Exoskeletten kann die Reduktion der physischen Belastung des menschlichen Körpers angesehen werden. Diese resultiert in zahlreichen positiven Folgewirkungen. Die Unterstützung solcher Assistenzsysteme bringt zum Beispiel eine Senkung von muskuloskelettalen Beschwerden mit sich. Dies hat in weiterer Folge Einfluss auf die Leistungsfähigkeit von Menschen. Im gewerblichen Kontext bedeutet dies zum Beispiel eine Steigerung der Produktivität aufgrund reduzierter Fehlzeiten und eines erhöhten Arbeitskomforts.

Der erhöhte Arbeitskomfort führt im Zuge dessen ebenso zu einer verbesserten Qualität, da schwierige und anstrengende Bewegungsabläufe präzise und einfach ausgeführt werden können. Auch anhand der Freizeitbeschäftigungen von Menschen lässt sich die Wirksamkeit von Exoskeletten gut darstellen. Betrachtet man das Beispiel einer ausgiebigen Wandertour, so wird es einer Person prinzipiell ermöglicht höher, schneller und weiter zu kommen. Natürlich müssen dabei auch die Fähigkeiten und Kapazitäten der Exoskelette berücksichtigt werden.

Wo werden Exoskelette eingesetzt?

Anwendung finden Exoskelette in unterschiedlichen Bereichen, vorrangig kommen sie aber in der Medizin, dem Gewerbe, der Wehrtechnik und dem Sport zum Einsatz.

Medizin

Einer der bedeutendsten Einsatzgebiete von Exoskeletten ist bestimmt die Medizintechnik. Dabei werden diese vorrangig für therapeutische Zwecke eingesetzt. Im Zuge dessen werden robotergestützte Apparaturen angewendet, um Personen nach unterschiedlichsten Schicksalsschlägen dabei zu unterstützen, deren Bewegungsmöglichkeit wieder zu steigern. Des Weiteren stellen Exoskelette im medizinischen Bereich eine Weiterentwicklung von herkömmlich eingesetzten Orthesen dar.

Gewerbe

Generell ist es das Ziel Arbeitsplätze, an denen Personen tätig sind, möglichst ergonomisch und menschengerecht zu gestalten. Dies ist jedoch nicht immer der Fall und aufgrund unterschiedlichster Gründe manchmal auch gar nicht möglich. Exoskelette bieten auch an dieser Stelle enormes Entlastungspotential. Sie werden dabei vor allem überall dort zur großen Hilfe, wo schwere Lasten mit reiner Menschenkraft bewegt und Tätigkeiten in Zwangshaltung ausgeführt werden müssen.

Abbildung 3: Das Exoskelett Cray X von © German Bionic

Militär

Soldaten sind im Einsatz extremen Bedingungen ausgesetzt. Dabei müssen Sie auch noch schwere Lasten hantieren und transportieren. Dementsprechend ist auch die Nutzung von Exoskeletten für militärischen Zwecke ein großes Thema. Dadurch soll zumindest die körperliche Belastung der Einsatzkräfte wesentlich reduziert und deren Mobilität gesteigert werden.  

Abbildung 4: Exoskelett für den Kampfeinsatz von © Lockheed Martin

Sport

Auch im Sport werden Exoskelette vereinzelt eingesetzt. Dabei soll abermals der Mensch entlastet und dessen Leistungsvermögen, durch ein solches Assistenzsystem, signifikant gesteigert werden. Es soll einer Person beispielsweise ermöglichen länger auf den Skiern zu stehen oder längere Wandertouren zurückzulegen.

Das Potential von Carbon als Bestandteil von Exoskeletten

Exoskelette müssen so leicht und ergonomisch wie möglich gestaltet werden, dabei aber größten Belastungen standhalten. Carbon ist außerordentlich leicht, besitzt eine hohe Steifigkeit, wie auch Festigkeit und weist eine nahezu unbegrenzte Designfreiheit auf. Aufgrund dessen ist das Material ein perfekter Anwärter für strukturelle und lasttragende Elemente von Exoskeletten. Jene Elemente können bei Bedarf auch noch mit Weichschaum versehen oder ummantelt werden, um so den Komfort, wie auch die Haptik des Assistenzskeletts für die Einsatzkraft zu verbessern.

Abbildung 6: Exoskelett mit Carbon-Komponenten (© Fiberdraft)

Im Vergleich mit oftmals eingesetzten Metallen überzeugt Carbon dabei vor allem mit  seinem geringen Gewicht und seiner vergleichbar hohen spezifischen Festigkeit. So lässt sich im Gegensatz zu Aluminiumkomponenten, bei gekonnter Konstruktion und Auslegung, eine Gewichtsreduktion um rund 50% erzielen. Im Vergleich zu Komponenten aus Stahl wären es sogar rund 80%.

Trotz seines geringen Gewichts zeichnet sich Carbon mit einer enormen Steifigkeit und Festigkeit aus. Mit einer Zugfestigkeit von 900 MPa und einem E-Modul von 88.000 MPa (bei quasiisotroper Laminatsauslegung) ist es wesentlich fester und steifer als Aluminium. Diese Werte gelten jedoch nur als Orientierung, denn wie bei anderen Materialien gibt es auch Carbon in den unterschiedlichsten Ausführungen (verschiedene Fasertypen, Harzsysteme, Faserorientierungen, usw.). Zur besseren Veranschaulichung stellt untenstehende Grafik des CFK-Valley Stade unterschiedliche Belastungseigenschaften von CFK mit jenen von Stahl und Aluminium gegenüber.

Abbildung 7: Belastungseigenschaften von CFK verglichen mit jenen von Stahl und Aluminium (CFK-Valley Stade)

Um Exoskelette so ergonomisch und angenehm wie möglich zu gestalten spielt auch die Formgebung der einzelnen Komponenten eine wichtige Rolle. Wie zuvor angemerkt bietet der Werkstoff Carbon bedingt durch sein Verarbeitungsverfahren eine enorme Freiheit in Sachen Design und Form. Dadurch können Bauteile mit komplexen Geometrien gefertigt werden, welche aus anderen Materialien kaum bzw. nur sehr aufwendig herstellbar sind.

Fazit

Bei Exoskeletten handelt es sich um Assistenzsysteme, welche am menschlichen Körper getragen werden und mechanisch auf diesen einwirken. Dadurch sollen physisch stark beanspruchte Personen wesentlich entlastet werden. Eingesetzt werden Exoskelette vor allem in den Bereichen Medizin, Gewerbe, Militär und Sport. Weil diese Assistenzsysteme aufgrund dessen Zweckes so leicht und belastbar wie nur möglich gestaltet werden müssen, kommt bei Stütz- und Strukturkomponenten jener, des Öfteren das Material Carbon zum Einsatz. Carbon überzeugt dabei vorrangig mit seinem geringen Gewicht, seiner hohen Festigkeit und seiner enormen Design- und Gestaltungsfreiheit.